Willkommen im Lockwitztal

Im Tal der Wassermühlen

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Letzte Aktualisierung: 17.04.2024
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Kelterei Donath im Lockwitzgrund 1906 bis 1994

Im heutigen Dresden-Laubegast, im Gasthaus Weinbauer, stand einst die Wiege der deutschen Fruchtsaft-Industrie. Der Begründer des Industriezweiges war Emil Donath. „Er erlitt in früher Jugend einen Impfschaden. Auf ärztlichen Rat überwand er seine Krankheit mit einer ‘Früchtekur‘. Daraus entsprangen die Versuche, sich die Inhaltsstoffe der Früchte, ohne die damals üblichen chemischen Konservierungsstoffe, auch in den Monaten ohne frische Früchte zu erhalten. Er studierte die Schriften von Louis Pasteur und begann Fruchtsäfte, vor allem alkoholfreien naturreinen Apfelsaft herzustellen. Im Jahr 1893 meldete er, auf Drängen des Laubegaster Gemeindevorstandes, sein Gewerbe an. Wahrscheinlich ist, dass er der Erste in Deutschland war, der alkoholfreie Fruchtsäfte gewerblich herstellte und sie zu Markenprodukten entwickelte.
Weinbauer Laubegast
Die Produktionsstätte in Dresden-Laubegast in der Hauptstraße 2, (heute Österreicher Straße 5) war nicht zu übersehen. Ein großer gelbroter Apfel, geflochten wie ein Korb, hing im 1. Stock und zog die Blicke auf sich. An der Vorderseite des Hauses warb er mit „Obstweinkelterei und Schänke“ und „Laubegaster Weinbauer“ um Abnehmer und Gäste. In der „urgemütlichen Weinstube“ oder unter Bäumen im Garten, ließen sich die Besucher die Säfte und Obstweine schmecken.
1906 Neuer Keltereistandort in Lockwitz Nach ersten Erfolgen in Laubegast wurde die Produktion aus Platzgründen 1906 nach Lockwitz verlagert. Die Brüder Emil und Albert firmierten in Lockwitz als „erste sächsische Kelterei alkoholfreier, haltbarer Natur-Moste“. Die Firma zählte bis 1945 zu den bedeutendsten Fruchtsaftkeltereien in Deutschland, viele Verfahren wurden entwickelt und erprobt. Der Lockwitzgrund war das „Mekka“ der Fruchtsafthersteller. Ehrhard Donath gründete 1930 den Verband der Deutschen Süßmostkeltereien, der noch heute als Verband der deutschen Fruchtsaftindustrie besteht. Zu den Fruchtsäften und Obstweinen kamen „Dicksäfte“, Fruchtsirup, Spezialitäten wie Friate und Fruchtpunsch (heute „Glühfrucht“), in den dreißiger Jahren auch Gemüse- und Pflanzensäfte. Ein besonderer Erfolg war 1936, da gelang es den “Donath-Apfelsaft” versuchsweise in den Speisewagen der Mitropa auf der Eisenbahn-Strecke Dresden-Berlin einzuführen. Auf halber Strecke war der Bestand ausverkauft. Es dauerte nur wenige Monate bis alle Speisewagen der Mitropa Donath Apfelsaft führten.
Kelterei Donath
Die Donath-Kelterei war nicht nur in Deutschland erfolgreich. Es wurde auch bis nach England, Südafrika und den USA exportiert. Der Absatz stieg, die Produktionsräume waren immer zu eng, es wurde ständig gebaut und neue leistungsfähigere Technik installiert. Unter anderem wurde nach 1932 ein großes Lager in der ehemaligen Schokoladenfabrik Rüger im Lockwitzgrund unterhalten. Der Ausbruch des zweiten Weltkriegs brachte harte Schläge mit sich. So musste Fritz Donath ab September 1939 Wehrdienst leisten. Dazu kam, die Exportverbindungen brachen ab, seine Firma wurde als kriegswichtig eingestuft. Da die Säfte besondere auf den U-Booten getrunken wurden. Auch ein großer Teil der männlichen Mitarbeiter wurde zum Kriegsdienst eingezogen. Frauen, Fremdarbeiter und Kriegsgefangene sollten die Lücken füllen. Die gesamte Produktion unterlag der Zwangsbewirtschaftung. Bevorzugt versorgt wurden Wehrmacht, Marine und Krankenhäuser.
Während des Krieges hatte die Verwertung aller einheimischen Früchte höchste Priorität, besonders die Versorgung mit Vitaminen. Dem Hagebutten Dicksaft folgte das Ebereschen Konzentrat. Damit wurde Erhard Donath zum Vater der “Deutschen Zitrone”. Apfelreste wurden getrocknet und gemahlen und das „ApfelzelIstoffpulver“ gegen die damals häufigen Durchfallerkrankung eingesetzt. Währen des Krieges war der Sanddorn durch seinen hohen Gehalt an Vitamin C und anderen natürlichen Wertstoffen aufgefallen. Fritz Donath entwickelte mit seinem ersten Mitarbeiter „Donath Sanddorn Vollfrucht“, das erste wohlschmeckende Sanddorn-Erzeugnis. Enteignung 1945 Das Kriegsende 1945 brachte das Aus für den Familienbetrieb in Lockwitz. Fritz Donath wurde in Abwesenheit zum Kriegsverbrecher gebrandmarkt und sein Firmenanteil 1946 enteignet. Sein Bruder Erhard musste seinen Anteil wenige Jahre später ebenfalls abgeben, nach dem die „Nachfolger“ sein Wissen nicht mehr benötigten.
Briefkopf
Erhard Donath wurde 1950 als Leiter der Forschung und Entwicklung der „Vereinigung Volkseigener Betriebe“ berufen. 1951 begann er seine Tätigkeit in der Versuchs- und Forschungsanstalt Dresden-Pillnitz. Er war auch als Prof. mit Lehrauftrag an der Humbold-Universität Berlin und an der Universität Leipzig tätig. Er starb am 25. Februar 1956 an seinem Arbeitsplatz in Pillnitz. Fritz Donath verließ Dresden 1950 über die damals noch „grüne Grenze“. Ohne Mittel, nur mit seinem Wissen und neu erwachter Schaffenskraft, begründete er in München die „Kelterei Fritz Donath“.
Nach der Enteignung der Familie Donath, wird die Kelterei als volkseigene Betrieb (VEB) in Lockwitz zunächst als „Donath Kelterei“ fortgeführt. Um einer marken-rechtlichen Auseinandersetzungen zu umgehen, wohl auch um den alten Familiennamen zu tilgen, wurde der Betrieb in „Kelterei Lockwitzgrund“ umbenannt. Später gehörte die Kelterei mit sieben Zweigwerken und über 500 Mitarbeitern zu den bedeutendsten Fruchtsaftproduzenten in der DDR. Nach 1990 Kehren wir zu Dietrich Donath zurück. Der Enkel von Emil Donath kaufte 1991 die ehemalige Kelterei seines Großvaters für eine Mark von der Treuhand und versuchte in dritter Generation das Lebenswerk seiner Vorfahren zu neuer Blüte zu führen.
Es gelang in relativ kurzer Zeit ein neues Markenbild und Produktprogramm zu schaffen. Bei den großen Handelsketten konnten sie erreichen auf die Verkaufsliste aufgenommen zu werden. Selbst das damalige Bundeskanzleramt unter Helmut Kohl wurde zum Kunden. Zeitungsberichte klangen vielversprechend, Investitionen mussten nun getätigt werden. Die Produktionsanlagen und Gebäude waren verschlissen und mussten erneuert werden. Aber an dieser Stelle zogen die Banken nicht mit, sie verweigerten die benötigten Darlehn. Das führte letztendlich die Kelterei in die Insolvenz. Im Ergebnis, 1994 musste Dietrich Donath die Produktion in Lockwitz einstellen und alle Mitarbeiter entlassen. Das Insolvenzverfahren zog sich über viele Jahre hin. Für Grundstück und Gebäude mussten Investoren und Nachnutzer gefunden werden. Erst im Jahr 2002 konnte auf dem Gelände der Kelterei im Berg der Sorbenwarte die ehemaligen Fass- und Weinkeller als Dresdner-Unterwelten eröffnet werden. Heute findet in diesen Gewölben und Salzstollen Veranstaltungen statt. Nach umfangreicher Sanierung im ehemaligen Verwaltungsgebäude hat sich eine Augenklink niedergelassen. Und in den weiteren Jahren sind Kleingewerbe verbunden mit Wohnungen auf dem Gelände entstanden.
Flaschenabfüllung
Den Markenname “Lockwitzgrund” gibt es weiter, dieser wird seit 2002 von der Lausitzer Früchteverarbeitung genutzt.

weitere Informationen:

Etiketten des Lockwitzer Apfelsaftes in Wandel der Zeit 1948 bis 1994